Interview mit Deborah und Philipp

Interview und Text von Regula Huber, anlässlich eines Beitrages für die Pfimi-Zytig
Philipp: 28-jährig
Beruf: Elekroingenieur HTL
Dienst in Gemeinde: Technik
Hobbies: Photographieren, Reisen, Technik, Billard, Schreinern z.B. Wandgestell, Pult,

Deborah: 23-jährig
Beruf: Hauswirtschaftliche Betriebsangestellte
absolviert im Moment die Handelsschule
Dienst in Gemeinde: Sonntagsschule
Hobbies: Reisen, Snowboarden, Unihockey spielen, Tanzen, Kinder
Beide helfen donnerstags beim Gassenznacht

Wo die Liebe hinfällt ist das Thema. Oder sollte man besser sagen wie sie entsteht und sich entfalten kann? So ähnlich war es bei Philipp und Deborah, ihre Liebe ist vergleichbar mit dem Entstehen eines Schmetterlings. Am Anfang ist nur die unscheinbare Raupe, die sich verpuppt, um im entscheidenden Moment als farbenprächtiger Falter auszuschlüpfen - ein wunderschöner Farbtupfer der Natur.

Vor neun Jahren hat sich das Leben von Philipp von einem Moment auf den andern dramatisch verändert. Er wurde durch einen Motorradunfall zum Paraplegiker. Es folgte eine sehr herausfordernde Zeit. Etwas später ging auch noch eine feste Liebesbeziehung auseinander. In diesen Jahren hat Gott hat Gott ihn gelehrt, dass es viel wichtigere Dinge im Leben gibt, als ob man zu Fuss geht oder im Rollstuhl fährt. So gesehen gibt es für Philipp kein Hindernis, sein Leben in vollen Zügen zu geniessen. Grund zu seiner Freude ist bestimmt auch die lebhafte Deborah, mit der er seit Juli letzten Jahres verheiratet ist. Sie ist eine quirrlige, junge Frau, die liebend gern mit Nachbarskindern herumtollt und Unihockey spielt! Ihre Liebesgeschichte ist amüsant und zeigt die Liebe und Vielfalt zweier Menschen und Gottes Gnade in ihrem Leben.

Noch im Kokkon...
Auf die Frage nach ihrer Zeit der ersten Begegnungen, reissen sich beide darum etwas sagen zu dürfen. Deborah gewinnt die Oberhand und erzählt, dass sie sich an einer Geburtstagsparty kennengelernt haben. "Zufälligerweise" haben sie ihren Spagettiteller nebeneinandergestellt, und daraus ergab sich ein fünfstündiges lockeres Gespräch, in dem sie über Gott und die Welt diskutierten und einander abtasten konnten (nicht wörtlich gemeint!). Nach diesen fünf Stunden ging Deborah nach Hause und erzählte ihrer Mutter, dass Philipp ein Mann sei, mit dem man diskutieren, lachen und "lieren" könne, ohne dass man befürchten muss, er hätte dabei Hintergedanken. Es war nicht Liebe auf den ersten Blick, mehr in der Richtung, dass Philipp ein sehr interessanter Mann sei.

Die ersten Risse in der Hülle...
Philipp meint dazu: "Ich fand Deborah eine coole Frau und dachte mir, vielleicht könnte etwas werden mit ihr. Einerseits konnte man mit ihr zusammen Spass haben und quer durch die Landschaft diskutieren, und trotzdem war sie nicht oberflächlich, sondern hatte Tiefgang".
Auf meine Frage, ob sie beide gewisse Vorstellungen oder Bedingungen an einen Partner geknüpft hätten, erwiderte Philipp mit einem verliebten Blick auf seine Frau: "Ja, ich wollte schon immer eine Rothaarige" (Deborah ist brünett)! Nach dieser humorvollen Bemerkung erklärt er, er sei davon ausgegangen, dass er nicht nur mit einer ganz bestimmten Frau glücklich werden könne. Er glaube, dass uns Gott dort viel Entscheidungsfreiraum lasse. Doch wenn wir uns mal für einen Partner entschieden hätten, dann sei dies für immer und Gott werde seinen Segen dazu geben.
Für Deborah waren drei Aspekte wichtig: Ihr Ehemann musste Christ sein, sollte aber ein lockerer Typ sein, und Kinder gern haben. Ihr Lebensmotto bezüglich Partnerwahl lautete: Den ersten Fisch der auftaucht, nimm! Sollte ein Mann all die genannten Eigenschaften verkörpern, wollte sie nicht zögern und ihn heiraten. Philipp brachte all das Gewünschte mit, dazu noch eine soziale Ader!

Am Entpuppen...
Kurz nach diesem Geburtstagsfest reiste Philipp für zwei Monate nach Amerika. Von dort schrieb er Deborah eine Karte. Zwar wusste er nur ihren Vornamen und den Wohnort, aber weder Familienname noch Strasse. Damit der Pöstler den Weg trotzdem finden sollte, zeichnete Philipp ein Plänli auf den Rand. Leider kam dieses kreative Werk nie an!
In der Zwischenzeit wohnte Deborah in Yverdon in einer Frauen - WG und arbeitete in einer Kinderkrippe. Zurück von Amerika liess es Philipp keine Ruhe, und er kam über sieben Ecken in den Besitz von Deborahs Telefonnummer. (Wenn man will findet man alles heraus, meint er schmunzelnd). Eigentlich wollte Deborah einen Jugiabend vorbereiten, aber nach dem zweieinhalbstündigen Telefongespräch musste dieses Vorhaben definitiv verschoben werden!

Am Ausschlüpfen...
Nun liefen die Drähte ein Mal pro Woche heiss zwischen Bern und Yverdon. Deborah strahlt: "Das isch es tolls Gfüehl gsi, dass mir en interessante Maa alütet" Wenn das Telefon klingelte und sie vermutete dass Philipp am andern Ende war, nahm sie nicht selber ab. Sie brauchte noch einen Moment um ruhig durchzuatmen und ihr Herzklopfen zu beruhigen. Philipp:"Einmal habe ich mich allerdings sehr verspätet am Abend und musste, um mich wieder gutzustellen, der ganzen WG Rosen mitbringen".
Deborah erzählt weiter: "Wir wussten bald einmal, jetzt geht es ums Ganze. Bei einem Ausflug sprachen wir darüber, ob wir uns eine gemeinsame Zukunft vorstellen konnten. Ich merkte, dass ich mehr Zeit brauchte und sagte dies Philipp. Es war mir wichtig, jeden Aspekt seiner Persönlichkeit und seiner Behinderung auszuleuchten und hundertprozentig sicher zu sein, dass es für mich stimmt. Meine Vereinbarung mit Gott war, dass ich nur eine feste Beziehung eingehe, wenn ich den Frieden in allen Bereichen habe. Es ging mir nicht nur um die Behinderung, auch andere Umstände mussten akzeptiert werden. Dieser Prozess dauerte ein halbes Jahr, bis ich mir vollständig sicher war".
Deborah war nicht über beide Ohren verliebt in Philipp, dazu war sie irgendwie zu realistisch. Sie fand ihn interessant, mit seiner ganzen Weltanschauung, der Natürlichkeit und der Selbstverständlichkeit wie er mit seiner Behinderung umging. Und je länger sie sich darüber Gedanken machte, umso mehr kamen auch die Gefühle.
Philipp sagt von sich, dass er mehr Kopf- als Gefühlsmensch ist. Aber diese Frau hatte es ihm angetan und er wusste, eigentlich wollte er sie heiraten. Er spürte aber auch, dass Deborah diese Bedenkzeit benötigte und hielt sich bewusst zurück und wartete, er wollte sie nicht bedrängen. Sie sollte in völliger Freiheit die Entscheidung fällen, ob sie ein Leben mit ihm wagen wollte. Er rechnete mit Gott und seiner Führung, wie immer diese auch aussah.

Am Entfalten eines Schmetterlings...
Es ist schon toll, wenn man im siebten Himmel der Liebesgefühle schwelgt! Nur ist der Absturz auch meistens vorprogramiert, wenn man erkennen muss, dass der Partner auch nur ein Mensch aus Fleisch und Blut ist, behaftet mit Schwächen und Fehlern! Deborah erlebte nun die umgekehrte Reihenfolge und empfindet es als Geschenk Gottes, in den Liebesgefühlen "aufzusteigen". Ihre Liebe ist auf diese Weise stark und sicher geworden.
Wirklich verzichten müsse sie auf wenig, immer weniger meint Deborah. Philipp hat vor der Heirat alleine in einer Wohnung gelebt und ist somit ein geübter Hausmann. Nun teilen sie sich die anfallenden Hausarbeiten. Im Winter verlässt Deborah ihren Mann manchmal, aber nur für einen Tag zum Snowboarden. Ab und zu finden sie es ganz schön, ein paar Stunden getrennt zu verbringen, um sich am Abend wieder aneinander zu freuen.

In den wunderschönsten Farben...
Die Sexualität ist für sie eine Reise in eine beglückende Welt des Entdeckens und Erlebens. Trotz der Behinderung von Philipp erleben sie beide ein zunehmend schönes Sexulaleben. Weil für für sie beide der Kinderwunsch eine hohe Priorität hat, liess sich Philipp vorgängig auf seine Zeugungsfähigkeit untersuchen. Das Resultat war positiv, ob Gott ihnen diesen Wunsch erfüllen wird liegt in seinen Händen. (Deborahs eigenen kleinen Kinderschuhe stehen schon draussen vor der Haustür - wenn das nicht ein gutes Zeichen ist!)

Liebe ist .. aufeinander einzugehen...
Bei Konflikten sieht ihre Reaktion ziehmlich rollenabhängig aus. Deborah hat das Bedürfnis Unklarheiten und Missverständnisse gleich zu bereden, um eine sofortige Lösung zu bewirken. Philipp, ganz Mann, lässt die Dinge lieber erst mal stehen, um einen klaren Kopf zu bekommen. Aber auch er kann nicht lange mit Streit leben, auch weil er weiss, dass Deborah vielmehr darunter leidet als er.
Wie die meisten Menschen lieben auch sie mehr die Harmonie und die Gemeinsamkeiten als die Auseinandersetzung. Für Deborah und Philipp ist es ein beglückendes Erlebnis abends heimzukommen zu einem Ehepartner, von dem man geliebt wird und das nicht nur auf bestimmte Zeit.

Ergänzung pur!
Philipp lacht: "Ja, Deborah ist ungefähr ein hundertprozentiger Gefühlsmensch und ich bin hundertprozentiger Verstandesmensch! Für mich ist es zuweilen eine schwierige Herausforderung, mich in die Gefühlswelt von Deborah hineinzuversetzen. Aber es ist wichtig, damit ich sie verstehe, und zudem gibt es meiner Kopflastigkeit den nötigen Ausgleich".
Deborah doppelt nach:" Ich profitiere von Philipps klarem Denkvermögen und seinen logischen Folgerungen. In der Handelsschule liebe ich vorallem Sprachen und Geografie, aber Mathematik oder anderes ist nicht meine Stärke. Philipp hat die Gabe, für mich unlogische Zusammenhänge vollkommen logisch zu erklären. Auf diese Weise ergänzen wir uns perfekt. Ergänzung erleben wir aber auch ganz praktisch: Ich putze die Toilette, er putzt die Küche, er saugt, ich nehme feucht auf.... Ausserdem wünschen wir uns beide Kinder und (schalkhaft) Villa, Swimmingpool, Mercedes.."!

Voreheberatung- im Rückblick
Philipp und Deborah besuchten die Voreheberatung nicht unbedingt mit Freuden, vorallem weil es quasi ein Diktat der Gemeinde ist für ehewillige Paare, die sich in der Pfimi trauen lassen wollen. Philipp rebellierte innerlich dagegen, obwohl er es nach aussen hin akzeptierte und mit Deborah hinging. Nach zwei, drei Abenden merkte er, dass es eine wirklich gute Sache ist und nicht nur ein Absitzen der Zeit. Viele Themen hatten sie zwar schon zusammen diskutiert, aber es gab auch einiges, von dem sie zwar meinten sie denken beide gleich, was vielleicht auch stimmte, aber darüber wirklich gesprochen hatten sie doch nie. Die Ehevorbereitung erlebten sie als eine gute Plattform um über alles zu sprechen. Das zeigte sich bei Deborah und Philipp vorallem in der zweiten Hälfte, wo für sie der Prüfstein kam.
Ihre Liebe wurde von Deborahs Freunden und Verwandten in Frage gestellt, das hat beide total verunsichert. Diese Angriffe kamen von verschiedenen Seiten und warf sie total aus der Bahn, es sah aus als hätten sich alle verschworen gegen ihre Beziehung. In dieser Phase waren sie froh um Gesprächspartner, die neutral und unbeteiligt waren und mit ihnen zusammen das ganze analysieren konnten. Das hat sehr gut getan. Diese Prüfungen hatten auch positive Aspekte, zum einen ist ihre Liebe zueinander noch stärker geworden und zum andern bewirkten sie, dass sich Deborah genötigt fühlte, sich auf gesunde und gottgewollte Weise von ihrem Elternhaus zu lösen.

Wir haben einige Male zusammen gelacht, unter anderem als mir Deborah erzählte, dass sie manchmal etwas gutgläubig ist und Philipp sie deshalb gerne in die "Pfanne" haut. Eine Episode möchte ich euch nicht vorenthalten. Bei einem dieser heissen Telefonate ins Welschland erzählte Philipp Deborah, er hätte Spagetti gekocht, worauf Deborah ihn fragte wie er das gemacht habe. Philipp, nicht auf den Mund gefallen, erklärte, er hätte zuerst eine Pfanne Milch aufgekocht, Salz dazugegeben und die Teigwaren hinzugefügt, wie man halt Spagetti kocht! Da sei Deborah das helle Entsetzen in die Glieder gefahren, aber trotzdem versuchte sie vorsichtig Philipp zu erklären, dass Wasser eigentlich reichen würde. Sie wollte ihn nicht blamieren und hat erst spät gemerkt, dass er sich beherrschen musste um nicht vor Lachen herauszupusten! - Heute ist Deborah mehr vertraut mit Philipps trockenem Humor und sie freut sich daran.

Auch ich habe mich gefreut, an eurer natürlichen, aufgeschlossenen Art. Man spürt das starke Fundament, auf dem eurer gemeinsames Leben aufgebaut ist. Liebe ist auch, Gott die Ehre zu geben für all die Segnungen die er in der Ehe schenkt. Ich wünsche euch auch weiterhin noch viele Schmetterlinge im Bauch... Gott segne euch!